Kundeninformation
Kundeninformation Erntebericht 2024
ERNTE UND GETREIDEMARKT
Die Ernte 2024 ist geprägt von einem guten Verlauf während der Erntephase, zeichnet sich durch
geringe Mengen und schwache Proteine im Ernteergebnis aus.
Die hohen Niederschlagsmengen im Herbst 2023 und die damit verbundene späte Aussaat haben das
Getreidewirtschaftsjahr eingeleitet. Zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich bereits ab, dass wir mit 10%
weniger Anbaufläche in das Getreidewirtschaftsjahr 2024 starten werden.
Die langen Regenperioden im Frühjahr haben die Hoffnung geweckt, einen Teil der geringeren Anbau-
fläche durch Ertragszuwachs kompensieren zu können.
Aber nicht nur der Regen, sondern auch fehlende Sonnenstunden und niedrige Temperaturen waren
für die Landwirtschaft eher besorgniserregend, da diese Faktoren relevant für die Kornausbildung und
damit die Erträge sowie die Ausprägung der Qualitäten sind.
Die nachlassenden Regenfälle und die steigenden Temperaturen im Frühsommer sorgten für eine gute
Abreife, damit für einen früheren Erntebeginn und einen guten Ernteverlauf.
Diese Entwicklung ist in ganz Europa zu beobachten.
Die Essenzen der Ernte in Europa sind allerdings, entgegen der letzten Erwartungen, ernüchternd.
Mit 39,1 Millionen Tonnen Getreide in Deutschland ist diese die schlechteste Ernte seit 2018. In
großen Teilen Deutschlands und Europa liegt die Ernte damit bis zu 10% unter den Erwartungen
und Schätzungen.
Ursächlich für den Mengenrückgang sind vor allem die weiterhin gesunkenen Anbauflächen. Während
man in der Wachstumsphase von hohen Hektarerträgen ausgegangen ist, mussten diese in der wich-
tigen Reifephase kontinuierlich korrigiert werden. Die fehlende Wärme und Sonne haben die Ertrags-
bildung maßgeblich beeinflusst.
Diese Entwicklung und der Verlauf sind für den gesamten Weizengürtel Europas absolut vergleichbar.
Das hat zur Folge, dass die Abgabebereitschaft für den Getreidehandel stark zurückhaltend ist und sich
die Sorge um eine Versorgungssicherheit breitmacht.
Der geerntete Weizen ist durch den schnellen und trockenen Ernteverlauf von hohen Fallzahlen
geprägt. Trotz der geringen Mengen ist, aus Sicht der Landwirtschaft, die notwendige Menge von Mahl-weizen von ca. 9 Millionen Tonnen verfügbar. Die Herausforderung der Mühlen wird es sein, diese Ware zu sichern und im internationalen Wettbewerb zu erwerben.
Die zunehmenden Beschränkungen bei der Düngung und beim Pflanzenschutz führen ebenfalls zu
Ertragsrückgängen und haben Einfluss auf das Qualitätsbild.
Die Qualitäten des Weizens lassen sich über alle Regionen wie folgt charakterisieren: Neben einer nied-
rigen Enzymaktivität haben wir eine Proteindegression und geringere Klebermengen im Korn.
Die in Deutschland verfügbaren Sorten von A- und E-Weizen zeigen trotz dieser analytischen Verände-
rungen gute Backeigenschaften und Prozesssicherheit. Damit ist es bereits heute die Aufgabe, gezielt
aus Regionen und bei Landwirten Weizen zu beschaffen, der trotz dieser Analytik über die relevanten
Eigenschaften verfügt.
Die Unsicherheit in Bezug auf die Versorgung macht es jedoch notwendig, jetzt in die gezielte
Beschaffung der Qualitäten zu gehen, um für das kommende Getreidewirtschaftsjahr die benötigten
Mehlqualitäten bereitzustellen.
Bei Roggen ist die Situation im Vergleich zum Vorjahr in Bezug auf die Erträge und Mengen ähnlich. Die
Nachfrage ist ebenfalls sehr stabil. Der Witterungsverlauf hatte in Bezug auf die Qualitäten keine gro-
ßen Einflüsse. Die hohe Feuchtigkeit im Frühjahr in Kombination mit der geringen Sonneneinstrahlung
hat bei dieser Pflanze allerdings einen hohen Fusarienbefall und den Anteil an Mutterkorn gefördert.
Kernaufgabe wird es sein, die gesunden Qualitäten zu suchen, die es ermöglichen die höheren Anfor-
derungen an die gesetzlichen Grenzwerte zu erfüllen.
Die Qualitäten beim Dinkel sind überaus zufriedenstellend. Auch wenn es noch keine Mengenprogno-
sen gibt, gehen die Experten von einer Halbierung der Anbauflächen bei gleichbleibender Nachfrage
aus. Da der Dinkelmarkt ein relativ nationaler Markt ist, gibt es keine Möglichkeiten, auf Importe aus-
zuweichen.
Der in Deutschland geerntete Durum konnte sehr früh und verhältnismäßig schnell erfasst werden. Das Bild in Bezug auf die Hektarerträge und Proteinmengen ist mit dem Weizen vergleichbar. Nach unseren Schätzungen fallen 10% der deutschen Ernte aufgrund von Qualitätseinschränkungen für die Verarbeitung aus. In Europa sind die Qualitäten, trotz des geringen Proteins, für die Produktion geeignet.
Die Gelbwerte im Durum sind als gut zu beschreiben. Ein leichter Rückgang der Glasigkeit lässt, im
Vergleich zum Vorjahr, dennoch auf eine gute Grießqualität schließen.
Die Herausforderungen an die Landwirtschaft wachsen kontinuierlich. Klimatische Bedingungen,
Bodenveränderung und auch gesetzliche Anforderungen nehmen großen Einfluss.
Unsere Landwirte begegnen diesen Themen mit Flexibilität und Professionalität. Umso wichtiger wird
es werden, die Nähe und Transparenz in unserer Wertschöpfungskette zu leben, um die richtigen
Produkte für die Prozesse unserer Kunden verfügbar zu halten.
Weizenmehl
Wasserzugabe:
Aktuell empfehlen wir eine gleichbleibende Wasserzugabe. Für Getreide
allgemein ist es typisch, dass die Wasseraufnahme sich nach der ersten
Nachreife noch findet. In Abhängigkeit von der weiteren Entwicklung
kann sich ein Potenzial für etwas höhere Teigausbeuten ergeben.
Knetung:
Sowohl die Quell- als auch die Intensiv-Knetung können betriebsüblich über-
nommen werden. Die regelmäßige Kleberprobe gibt Ihnen dabei schnell eine
Orientierung, und wird von uns absolut empfohlen. Wir stellen gegenüber den
letzten Jahren eine erhöhte Knettoleranz fest, dabei besteht eher die
Gefahr der Unterknetung als der Überknetung.
Teigtemperatur:
Die Teigtemperaturen grundsätzlich beibehalten werden.
Je nach Führung sollten die Teige zwischen 22°C und 25°C warm sein.
Teigruhe:
Der Teigruhe kommt eine wichtige Rolle für Verquellung und Frischhaltung zu.
Aus der Praxis empfiehlt sich somit eine Teigruhephase zwischen 10 und 25
Minuten einzuplanen.
Gärphase:
Für die Gare und den Backprozess brauchen Sie für die Ente 2024 keine
Anpassungen vorzunehmen.Wichtig ist nach wie vor, dass die Luftfeuchtigkeit
in der Gärphase nicht zu hoch ist.
Roggenmehl
Wasserzugabe:
Die Teige sollten weiterhin mit optimalem Mehl-Wasser-Verhältnis hergestellt
werden. Dies gilt auch für Sauerteige. Ein zu fester Teig hemmt die Entwick-
lung und Verquellung der Mehlinhaltsstoffe.
Knetung:
Die Teige sollten unbedingt schonend geknetet werden, da eine zu intensive
Knetung die Teig- und Volumenausbeute negativ beeinflusst.
Sauerteige:
Bei gleicher Anstellgutmenge sollten die Sauerteige weich geführt werden,
um eine optimale Entwicklung zu gewährleisten.
Teigtemperatur:
Roggenteige sollten grundsätzlich warm geführt werden, d.h. ca. 28°C, in
Abhängigkeit von Teiggröße, Teigreifezeit und Hefemenge. Dies garantiert
eine optimale Teigentwicklung und Verquellung.
Roggenvollkornschrot:
Mit sinkender Enzymaktivität empfehlen wir, ein Quellstück dem Brühstück
vorzuziehen. Schrotsauerteige sind, für eine optimale Entwicklung, stets
weich zu führen.
Empfehlung:
Um die Saftigkeit der Krume und die Frischhaltung der Roggenbrote zu
verbessern, empfehlen wir den Einsatz von dunklen Roggenmehlen,
Brüh- und Kochstücken, Granulaten oder Quellstücken.
Dinkelmehl
Wasserzugabe:
Die Wassermengen können ähnlich wie beim Weizen beibehalten werden.
Durch den Einsatz von Kochstücken, Vorteigen und Dinkelextrudaten können die
Wasserbindung erhöht und die Saftigkeit und Frischhaltung verbessert werden.
Knetung:
Die Teige sollten weiterhin schonend geknetet werden. Eine regelmäßige
Überprüfung der optimalen Knetung (Kleberprobe) sollte auch beim Dinkel
unbedingt erfolgen. Eine lange Mischphase (Quellknetung) fördert die Wasserbindung.
Teigtemperatur:
Für eine optimale Teigentwicklung empfehlen wir einen Temperaturbereich
zwischen 23°C und 25°C, je nach Teiggröße und Verarbeitungszeit.
Gärphase /Prozesssicherheit:
Aufgrund der Tatsache, dass sich die Enzymaktitvität auf ähnlichem Niveau
bewegt wie im Vorjahr, sind größere Anpassungen nicht notwendig.
Empfehlung:
Bei Brotteigen empfiehlt es sich, die Teige mehrfach aufzuziehen. Dies fördert
die Teigstabilität, ggf. kann die Wassermenge und somit die Frischhaltung er-
höht werden. Der Einsatz von Kochstücken sowie eine längere Teigreifezeit
begünstigen ebenfalls die Gebäckeigenschaften.
Maßnahmen zur Verbesserung der Gebäckqualität / Verarbeitungsempfehlungen
Wir freuen uns, dass sich Backwaren aus Weizen, Roggen oder Dinkel nach wie vor großer Beliebtheit
erfreuen. Nicht allein für uns als Mühle, sondern vielmehr, weil Brot und Backwaren Grundnahrungs-
mittel sind. Das haben nicht nur die aktuellen Entwicklungen gezeigt. Die gesamte Wertschöpfungs-
kette Landwirt, Agrarhandel, Müller und Bäcker können und sollten Menschen begeistern.
Produktinnovationen und Transparenz im Prozess sind dabei eine große Chance, diese Entwicklung
weiter voranzutreiben. Es gibt viele Möglichkeiten, über Teigbereitung, Aufarbeitung oder auch den
Kühl- oder Backprozess den Verbrauchern Freude und Genuss zu vermitteln.
Unser Hehrmühlen Mehl bietet dazu beste Voraussetzungen und bildet somit die Basis für
hochwertige, saftige und aromatische Backwaren. Gerne geben wir folgend einige Tipps zur
Verarbeitung.
Sauerteig:
Grundsätzlich sehen wir in der Anwendung von Sauerteig viel Potenzial bei allen Mehlen. Sowohl beim
Roggen und Weizen als auch beim Dinkel erreichen wir durch die natürliche Versäuerung eine große
Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten. Bei der Herstellung des Sauerteiges empfehlen wir eine
Gleichbleibende Wasserzugabe. Sauerteigtemperatur, Wasserzugabe und Stehzeit sind entscheidend
für die Aktivität und Aromabildung des Sauerteiges.
Wir sehen im Markt deutliche Vorteile und auch Erfolge mit dem Einsatz von mehrstufigen
Sauerteigen. Sie fördern nicht nur Saftigkeit und Frischhaltung, sondern bringen auch ein zeitgemäßes
Brotaroma. Durch die stärkere Enzymaktivität kommt der Pflege und dem richtigen Einsatz von
Sauerteig wieder eine wichtige Bedeutung zu.
Brühstücke:
Werden Schrote in der Rezeptur verwendet, sollten sie mit kochendem Wasser verquollen werden.
Das sorgt für eine feuchtere Krumenbeschaffenheit und somit für eine längere Frischhaltung. Es ist
vorteilhaft, Brühstücke mit einer Teigausbeute von 250 herzustellen. Aufgrund der diesjährigen
stärkeren Enzymaktivität, sollten Brühstücke ggf. reduziert oder durch Quellstücke ersetzt werden.
Bitte beachten Sie auch immer unsere Verarbeitungsempfehlung auf den Analysezertifikaten!
Fermentierter Vorteig:
Durch fermentierten Vorteig, beispielsweise auf Basis unseres 1050 classic, wird einerseits die Was-
seraufnahme erhöht, andererseits die Aktivität im Teig gefördert. Mit diesen Maßnahmen erzielen
wir nicht nur eine attraktive Krumenstruktur, sondern Frischhaltung und Aroma auch im Krusten-
bereich. Bei der Herstellung des Vorteiges sollte eine Teigausbeute von 160 bis 170 angestrebt wer-
den, die Hefemenge von 0,1% bis 1% ist förderlich bei der Aromabildung. Unter Beachtung einer
Teigtemperatur von 25°C sollte der Vorteig zunächst 30 – 60 Minuten reifen und anschließend zum
Fermentieren kühl gelagert werden.
Kochstücke:
Der Einsatz eines Kochstücks bietet den Vorteil, die Teigausbeute deutlich zu erhöhen (3-5 Punkte),
ohne dass der Teig merklich weicher ist. Gleichzeitig wird die verkleisterte Stärke während des
Backprozesses thermisch aufgeschlossen und kann nach dem Backen nicht mehr retrogradieren, was
das Altbackenwerden verzögert. Für die Herstellung empfiehlt sich eine Teigausbeute von mindestens
400.
Quellteig:
Durch die neuesten Erfahrungen in Bezug auf Frischhaltung und Aromabildung empfehlen wir den
Einsatz eines Quellteiges. Hierbei wird der Weizenanteil mit einer Teigausbeute von 200 für eine
Reifezeit von ca. 30 Minuten vorverquollen. Unter Berücksichtigung eines kräftigen Backprozesses
werden besondere Krusten- und Krumeneigenschaften gefördert.