ERNTEBERICHT 2020
Ein erstes Bild der neuen Ernte:
Die Ernte in Hessen ist abgeschlossen. Besonders prägnant sind im Rückblick das sehr trockene und warme Frühjahr, welches die Pflanzen zum Teil einem ersten Trockenstress aussetzte, was zu weniger Seitentrieben und einer damit verbundenen dünneren Bestandsdichte geführt hat. Mai und Juni haben mit kühleren und feuchteren klimatischen Bedingungen die Entwicklung der Pflanzen gestärkt um doch noch eine gute Kornausbildug herbeizuführen.
Die Ernte ist in diesem Jahr sehr früh mit guten Qualitäten, aber auch leichten Ausreißern nach unten im Protein ausgefallen. Die Fallzahlen, Amylogramme und Wasseraufnahmen sind, wie auch in den vergangenen Jahren sehr stabil.
Verarbeitungsempfehlungen:
Sauerteig:
Grundsätzlich sehen wir in der Anwendung von Sauerteig viel Potenzial bei allen Mehlen. Sowohl beim Roggen, Weizen als auch beim Dinkel, erreichen wir durch die natürliche Versäuerung eine große Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten.
Bei der Herstellung des Sauerteiges empfehlen wir eine Erhöhung der Teigausbeuten. Dies fördert die Aktivität und Aromabildung des Sauerteiges.
Somit erreichen Sie eine moderne Sauerteigführung, welche zu gut abgerundeten Gebäckaromen führt.
Wir sehen im Markt deutliche Vorteile, und auch Erfolge mit dem Einsatz von mehrstufigen Sauerteigen. Sie fördern nicht nur Saftigkeit und Frischhaltung, sondern bringen auch ein zeitgemäßes Brotaroma.
Einsatz von höher ausgemahlenen Mehlen:
Die klimatischen Veränderungen der letzten Jahre haben deutliche Spuren im Getreide hinterlassen. Gerade im Roggen, wo man sich Aktivität wünscht, ist diese in den letzten Jahren immer weiter rückläufig.
Daher empfehlen wir den Einsatz von höher ausgemahlenen Mehlen. Dies gilt sowohl im Roggen, als auch für den Weizenbereich. Ein höherer Ausmahlungsgrad bindet auch mehr Wasser, und bringt somit auch die gewünschte Aktivität, Frischhaltung und Aroma.
Wichtig ist beim Ausbacken auf eine kräftige Krustenbildung zu achten.
Brühstücke:
Werden Schrote in der Rezeptur verwendet, sollten sie mit kochendem Wasser verquollen werden. Das sorgt für eine feuchtere Krumenbeschaffenheit und somit für eine längere Frischhaltung. Es ist vorteilhaft, Brühstücke mit einer Teigausbeute von 250 herzustellen.
Fermentierter Vorteig :
Durch fermentierten Vorteig, beispielsweise auf Basis unseres 1050, wird einerseits die Wasseraufnahme erhöht, andererseits die Aktivität im Teig gefördert. Mit diesen Maßnahmen erzielen wir nicht nur eine attraktive Krumenstruktur, sondern Frischhaltung und Aroma auch im Krustenbereich. Bei der Herstellung des Vorteiges sollte eine Teigausbeute von 160 bis 170 angestrebt werden, die Hefemenge von 0,1% bis 1% ist förderlich bei der Aromabildung. Unter Beachtung einer Teigtemperatur von 25°C sollte der Vorteig zunächst 30-60Minuten reifen und anschließend zum Fermentieren kühl gelagert werden.
Kochstücke:
Der Einsatz eines Kochstücks bietet den Vorteil, die Teigausbeute deutlich zu erhöhen (3-5 Punkte) ohne dass der Teig merklich weicher ist. Gleichzeitig wird die verkleisterte Stärke während des Backprozesses thermisch aufgeschlossen und kann nach dem Backen nicht mehr retrogradieren, welches das Altbackenwerden verzögert. Für die Herstellung empfiehlt sich eine Teigausbeute von mindestens 400.
Weizenmehl
Wasserzugabe
Aktuell empfehlen wir während des Ernteüberganges eventuell eine leicht reduzierte Wasserzugabe. Für Getreide allgemein ist es typisch, dass die Wasseraufnahme sich nach der ersten Nachreife noch findet. Wir rechnen in diesem Zeitraum mit steigenden Teigausbeuten.
Knetung
Beim Knetprozess bitte darauf achten, dass alle Bestandteile zunächst gut verquollen sind , um sie sodann intensiv auszukneten. Tendenziell besteht eher die Gefahr der Unterknetung, als der Überknetung. Die regelmäßige Kleberprobe gibt Ihnen dabei schnell eine Orientierung, und wird von uns absolut empfohlen. Sollten Sie diesbezüglich Gesprächsbedarf haben, kommen Sie gerne auf uns zu!
Teigtemperatur
Aufgrund unserer Erfahrungen der letzten Jahre, empfehlen wir eine Überprüfung der Teigtemperaturen. Je nach Führung, sollten die Teige zwischen 21°C und 24°C warm sein. Kalte Teige begünstigen eine höhere Wasseraufnahme, und bringen gleichzeitig Stabilität und Prozesssicherheit.
Teigruhe
Die Teigruhe steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Teigtemperatur. Kalte Teige bieten sich für verlängerte Teigruhezeiten an, dennoch ist der gesamte Herstellungsprozess, und die Philosophie des backenden Betriebs zu bewerten.
Gärphase
Geringe Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen in der Gär- und Reifephase führen zu stabilen und prozesssicheren Teiglingen.
Hefeteige
Bei Hefeteigen haben wir, gerade jetzt im Ernteübergang deutliche Verbesserungen der Stabilität durch den verspäteten Zusatz der Fette, zum Ende der Knetzeit hin festgestellt, um zunächst eine gute Ausbildung des Klebers zu gewährleisten.
Roggenmehl
Wasserzugabe
Für eine gute Teigentwicklung empfehlen wir ein optimales Mehl- Wasser-Verhältnis, gerade im Hinblick auf eine relativ geringe Enzymatik ist dies besonders wichtig.
Knetung
Je höher der Roggenanteil, desto schonender sollte der Teig geknetet werden, da sich eine zu intensive Knetung negativ auf das Teigverhalten und das Endprodukt auswirkt.
Sauerteige
Die Sauerteige können mit der gewohnten Anstellgutmenge hergestellt werden. Für eine optimale Entwicklung diese nicht zu fest führen.
Teigtemperatur
Wir empfehlen Roggenteige, je nach Größe, Hefemenge und Reifezeit bei ca. 28 °C zu führen. Dies ist Garant für eine gute Teigentwicklung und Verquellung.
Roggenvollkornschrot
Auch hier gilt die Teige nicht zu fest zu führen. Der Einsatz eines Brühstücks ist dem Quellstück vorzuziehen.
Empfehlung
Trotz der relativ geringen Enzymatik kann durch die Zugabe von Kochstücken, Granulaten und anderer Quellstoffe die Saftigkeit und Frischhaltung der Backwaren verbessert werden. Auch der Einsatz eines milderen Sauerteiges kann zu einer Verbesserung der Brotqualität beitragen.
Dinkelmehl
Wasserzugabe
Mit Abreife des Getreides ist eine leichte Erhöhung der Teigausbeute möglich. Durch den Einsatz von Kochstücken, Vorteigen und Dinkelextrudaten kann die Wasserbindung erhöht und die Saftigkeit und Frischhaltung verbessert werden.
Knetung
Trotz eines höheren Protein- und Klebergehaltes empfehlen wir weiterhin die Teige schonend zu kneten. Die Wasserbindung wird durch eine Quellknetung
(lange Mischphase) verbessert.
Teigtemperatur
In Abhängigkeit von Teiggröße und Verarbeitungszeit empfehlen wir einen Temperaturbereich zwischen 23 und 24 °C.
Gärphase /Prozesssicherheit
Wie auch im letzten Erntejahr hat sich die Enzymaktivität kaum verändert, sodass unserer Meinung nach keine größeren Anpassungen notwendig sind.
Empfehlung
Für eine optimale Gebäckqualität empfehlen wir den Einsatz von Kochstücken und langen Teigreifezeiten.
Unsere Erfahrungen basieren auf ersten Erkenntnissen mit der neuen Ernte durch Laboruntersuchungen und praktische Anwendung in einzelnen Betrieben, somit können wir eine erste Einschätzung weitergeben. Bitte beobachten Sie wie zu jeder Ernteumstellung, in Ihrer eigenen Praxis die Ergebnisse, welche sich in Kürze leicht verändern, bzw. stabilisieren können. Bei Bedarf kommen Sie gerne auf uns zu, damit wir Details im Einzelfall besprechen können.